Wenn Sie über einer Europakarte stehen und versuchen würden, mit einer Stecknadel den genauen Standort des Zentrums der christlichen Kunst des Abendlandes zu bestimmen, würden Sie nicht präzise genug zielen können.
Vor allem, weil man die Stecknadel von Paris über Wien bis zum italienischen Stiefel überall in die Karte stecken könnte und dabei, wenn auch nicht ganz richtig, auch nie ganz falsch liegen würde. Denn im 18. und 19. Jahrhundert erlebte die Kultur an eben diesen Orten ihre Blütezeit, an ihnen wurden künstlerische Meisterwerke geschaffen, von denen wir heute noch auf den ersten Blick erkennen können, dass sie zur europäischen Kunst gehören und in denen wir uns auch selbst wiedererkennen. Es können sich alle glücklich schätzen, die bereits jede dieser Regionen bereist und die dortigen Denkmäler kennengelernt haben, aber auch die Kunstliebhaber, die Veszprém besuchen, bekommen etwas geboten. Das Erzbischöfliche Palais, eines der eindrucksvollsten Gebäude der Burg, ist ein künstlerisches Meisterwerk der drei genannten Regionen.
Ganz zu schweigen von der Tatsache, dass das Gebäude auch die Diözesanbibliothek und das dazugehörige Archiv mit 65.000 Objekten beherbergt. Ebenfalls hier ausgestellt sind die perlenbesetzten Sitzmöbel, die in Paris für den Empfang von Königin Elisabeth hergestellt wurden, sowie die Sitzmöbel im Empirestil, die ebenfalls in Paris für den Empfang von Franz Joseph gefertigt wurden. Kurzum verkörpert das Erzbischöfliche Palais in einem einzigen Gebäude all das, was die christliche Kultur Europas in den letzten Jahrhunderten so groß gemacht hat. Und das bringt uns vielleicht auch der Lösung des Dilemmas näher. Wenn wir das Zentrum der europäischen christlichen Kultur finden wollen, liegen wir auch dann nicht ganz falsch, wenn wir die Nadel bei Veszprém in die Karte stecken.